Walter Brähler
Ein Journalist im Ruhestand


Walter Brähler greift auch gerne zu Pinsel und Farbe. Bei diesem Werk setzt er sich mit den Pyramiden und einer Fastfood-Kette auseinander. 


Was macht ein Vollblutjournalist, wenn er in Rente geht? Er gründet eine Medienfirma und entwirft eine Sendung unter dem Titel „Pfinztal LIVE – Gespräche ohne Maske“. Der agile über 70-Jährige lebt nun seit einigen Jahren in Kleinsteinbach … „der Liebe wegen“, erklärte er Monika Lüthje-Lenhart und Jutta Maier vom Kulturkomitee Pfinztal. Zuvor war er viele Jahre als Auslandkorrespondent für die ARD unterwegs; Mexiko, Lateinamerika oder Ägypten.
Zum Journalismus kam er (Jahrgang 1949) nachdem er ein Jahr Psychologie studiert hatte und anschließend ein Volkswirtschaftsstudium abschloss. Er war in der linken Frankfurter Studentenbewegung aktiv und den ersten Verlag, bei dem er nach dem Studium arbeitete, musste er verlassen. Er hatte sich für die Gründung eines Betriebsrats eingesetzt. Er orientierte sich neu und studierte Kommunikationswissenschaften. Nach dem Praktikum beim damaligen SWF (heute SWR, gebildet aus dem Süddeutschen Rundfunk Stuttgart und dem Südwestfunk Baden-Baden) wurde er als Journalist übernommen. Zuerst in der regionalen Berichterstattung, dann im Unterhaltungsbereich, schließlich in der Auslandsabteilung und als Auslandskorrespondent. Diese interessante Zeit mit Menschen anderer Kulturen und einer bunten Vielfalt haben ihn nachhaltig geprägt und sehr bereichert. Das journalistische Prinzip, hinschauen, recherchieren, nachfragen und Informationen gegenchecken, habe er als grundsätzliche Herangehensweise an Menschen und Umwelt aufgegriffen. Das Medium Film bot ihm die Möglichkeit der künstlerischen Gestaltung – in Verbindung mit anspruchsvollem Journalismus. 
Richtig in Pfinztal angekommen sei er aber erst 2015 als Ruheständler. Viele Projekte, die er als freier Journalist in Pfinztal durchführt, finden inzwischen großen Zuspruch. Der Dokumentarfilm von 2015 „Endlich Abi!“, hat mittlerweile über 200.000 Klicks auf YouTube, nachdem er im SWR und bei 3SAT ausgestrahlt wurde. Ab 2015 engagierte er sich in der Flüchtlingshilfe Pfinztal. Hier veränderte sich seine persönliche Einstellung zu den Pfinztaler-/innen. Er erlebte unglaublich viel Aufgeschlossenheit, Offenheit, Engagement und Toleranz gegenüber Flüchtenden und das von Menschen, von denen er das nie erwartet hätte. „Ich habe Pfinztaler Menschen kennengelernt, die meine eigenen Vorurteile aufgebrochen haben“, resümierte Walter Brähler. Zwei Reportagen über Flüchtlings- und Integrationsthematik verschafften ihm viel Anerkennung, nicht nur in Pfinztal. 
Dann kam Corona. In den ersten Coronawochen machte er mit seinem Streaming-Format „Pfinztal-LIVE – Gespräche ohne Maske” auf sich aufmerksam. Mit aktuellen Themen und lokalen Interviewpartnern möchte er Interesse wecken und Zuschauer neugierig machen auf Neues, Ungewohntes und evtl. Ungewöhnliches. Als Journalist befragt er sie kritisch, umso „gnadenloser“ je einflussreicher sie sind, aber sein Grundsatz ist auch, dass er keinen der Gäste „in die Pfanne haue“. Mittlerweile sehen sich zwischen 200 bis 500 Menschen die Interviews auf YouTube an. Die Coronazeit habe er außerdem dazu genutzt, um die Facebook-Seite „Corona-News C19“ zu erstellen. Damit möchte er zur Versachlichung des Themas beitragen. 
2020 hatte er an der Ausschreibung zum Kulturpreis des Pfinztaler Kulturkomitees teilgenommen. Sein Beitrag wurde mit dem 2. Preis ausgezeichnet. In diesem Film hielt er Eindrücke und Gedanken zum Lockdown in Pfinztal fest.
2021 entstand eine Dokumentation über die Jubiläumsveranstaltung des Skulpturenweges in Kleinsteinbach; dafür gab es ausgesprochen viel positive Resonanz. 
Auf seinen Rentner-Alltag angesprochen meinte er, er würde schon um 6:10 Uhr aufstehen, um noch mit seiner Frau frühstücken zu können. Danach verschwinde er in seinem Büro, wo er alle To-Dos erledigt, denen er sich verpflichtet fühlt. Nachmittags beginne der „spielerische“ Teil seines Tagesablaufs. Da fotografiere oder male er – am liebsten Menschen und Naturmotive. Auch jogge er gerne, denn hier werden Verstrickungen und Verspannungen in seinem Kopf gelöst und seine Kreativität freigesetzt.
Ins Ausland ziehe es ihn beruflich nicht mehr zurück, erzählte er. Die menschlichen Herausforderungen hier seien gar nicht so wesentlich anders als in anderen Ländern. Er verglich dies im Gespräch mit einer Beziehung. Auch da müsse man sich mit persönlichen Verschiedenheiten, anderen Erfahrungshintergründen, jeweils anderer Familienkultur, anderen Kommunikations-Codes etc. auseinandersetzen und immer wieder neu verständigen, sich auch auf Neues und Ungewohntes einlassen, mit Unsicherheiten leben. Das findet er hier so spannend wie in anderen Ländern. Langweilig ist ihm in Pfinztal überhaupt nicht.
Von seinen Werken, seinen Filmen, werden nach seinem Tod nicht viel übrig bleiben, meinte er. Das störe ihn nicht. Es würde ihn auch nicht trösten, wenn seine Filme oder großflächigen Kunstwerke Generationen später noch das Publikum berührten. Ihm sei wichtig, dass er seinen Kindern und Enkelkindern in Erinnerung bleibt. Auf die Zukunft angesprochen, meinte Walter Brähler, dass er gerne weiter Dokumentarfilme drehen möchte. Sein persönlicher Herzenswunsch aber sei es, dass er noch lange mit seiner jetzigen Frau und seiner Patchwork-Familie aus fünf Kindern und den Enkelkindern glücklich und gesund bleiben dürfe. Übrigens: Walter Brähler ist ebenfalls Mitglied im Kulturkomitee Pfinztal.